ASYS Geschichte

Die Sichtweisen auf die Geschichte von ASYS: Ähnlichkeiten, Unterschiede & Differenzen

ASYS aus der Sicht von Bernhard Lehr

Systemtheorien sind von verschiedenen Schulen beeinflusst. Man kennt Luhmann und Simon, die „Mailänder“ und Watzlawick, Erikson und Lösungsorientierte Ansätze. Das Verdienst von Walter Milowiz ist wohl, dass er in seinem Buch „Teufelskreis und Lebensweg“ die Systemtheorie für die sozialarbeiterische Praxis theoretisch und handlungsleitend aufbereitet hat. Diese „Wiener Schule“ der systemischen Sozialarbeit entwickelt und trägt der Verein ASYS weiter.

Systemtheorie kommt zur Sozialarbeit
Sozialarbeit war immer schon mit Systemen befasst: mit den Zusammenhängen von problembeladenen Menschen und ihrer Umwelt. Nur leider wird das sehr häufig übersehen. Interessanterweise hat sich die Systemtheorie als Sozialwissenschaft viel mehr im Bereich der Familientherapie entwickelt. Vielleicht, weil dort mehr Zeit für Entwicklung und Forschung verfügbar war.

Neueres systemisches Denken 
… sollte aber auch in der Sozialarbeit wieder mehr Eingang finden: dieses Ziel verfolgt Walter Milowiz – Psychologe, Psychotherapeut, Systemtheoretiker und Professor an der Bundesakademie für Sozialarbeit in Wien 10, mit Lehraufträgen in Österreich und Deutschland – seit den Achzigerjahren. An der Bundesakademie für Sozialarbeit in der Grenzackerstraße begann eine Dynamik, die sich seit einigen Jahren weit über deren Wirkungsbereich hinaus entwickelt. Systemische Sichtweise wurde und wird im Unterricht geübt und darüber hinaus in einem Fortbildungslehrgang vermittelt. Heute greift sie unter anderem über in den Bereich des Managing Diversity und in die Erwachsenenbildung.

Seit 1996 
… existiert der Arbeitskreis für systemische Sozialarbeit: ASYS. Gegründet wurde er von Walter Milowiz, dem Sozialarbeiter, Supervisor und Lehrbeauftragten der Bundesakademie für Sozialarbeit Bernhard Lehr und der Sozialarbeiterin Ursula Mayer, damals tätig im Frauenbüro der Gemeinde Wien. Mittlerweile arbeiten mehr als 40 Personen aktiv und in fördernder Weise mit. Gehört und gelesen haben vom Verein ASYS schon viele weit über Österreich hinaus. Auch mit der 2007 gegründeten Deutschen Gesellschaft für systemische Soziale Arbeit (DSSA) bestehen intensive Kontakte.

Sozialarbeit kommt zur Systemtheorie
… und findet sich dort zu vielfachen Aktivitäten: Sozialarbeiter*innen und andere Interessierte treffen sich regelmäßig am Paulinensteig im 16. Wiener Bezirk. Dort ist der Vereinssitz. Arbeitskreise reflektieren die Praxis systemischen Denkens in der Sozialarbeit, Supervision und Beratung. So wird systemische Literatur auf die Verwendbarkeit in der Sozialarbeit hin diskutiert, ein Arbeitskreis beschäftigt sich mit dem Umgang mit großen Systemen, ein anderer trifft sich zu Intervisionen. Eine Besonderheit sind die „Reflecting-jour-fixes“: auf Anfrage können InteressentInnen ihre Anliegen in Form eines Reflecting-Team (nach Tom Anderson) reflektieren und überdenken.

ASYS aus dem Blickwinkel von Klaus Wögerer

Vortrag bei der Jubiläumstagung 25 Jahre ASYS im Juni 2021
Neueres systemisches bzw. zirkuläres Denken sollte in der Sozialarbeit mehr Eingang finden. Dieses Ziel verfolgt Walter Milowiz, Psychologe, Psychotherapeut, Systemtheoretiker und ehemaliger Professor an der Bundesakademie für Sozialarbeit in Wien, seit den Achzigerjahren. Der Beginn waren Lehrgänge zum systemischen Denken und Handeln, die in den 1990ern mit rund 80 Teilnehmer*innen stattfanden.

Aus dieser Grundlage heraus wurde eine ÖVS-zertifizierte Supervisions- und Coachingausbildung entwickelt. Mittlerweile haben 74 Teilnehmer*innen diese intensiven Ausbildungslehrgänge absolviert und 2021 schließen erstmals Teilnehmer*in mit dem Master (MSc) ab. Die Lehrgänge sind derzeit an der FH Burgenland/AIM in Eisenstadt und bei PINA in Feldkirch/Vorarlberg. Die Qualitätssicherung liegt im Trainer*innen-Staff (dzt. 10 Trainer*innen), der sich jährlich zwei Mal trifft zu Trainer*innen-Treffen für die Planung und die inhaltliche Weiterentwicklung der Lehrgänge.

Zudem bieten die Mitglieder von ASYS Angebote zu systemischer Beratung sowie in den Bereichen des Managing Diversity und in die Erwachsenenbildung.

In den 25 Jahren wurde der Austausch beispielsweise in über 250 Literaturarbeitskreisen gefördert. Eine gute Grundlage war dabei die ASYS-Bibliothek, die schrittweise sich aufbaute. Das Vereinsmagazin BASYS erschien 48 Mal seit 1996 und bietet eine inhaltliche Auseinandersetzung und Basis für zirkuläres Denken und Handeln.

Mehrere Intervisionsgruppen haben sich in den 25 Jahren gebildet, um berufliche Praxis und Tun in der Sozialen Arbeit bzw. der Supervision & Coaching gemeinsam zu reflektieren und weiterzuentwickeln.

Wichtig war ASYS immer, gemeinnützig zu sein als Verein. Nicht auf monetären Gewinn ausgerichtet, sondern immer auf einen professionellen Gewinn für berufliches Handeln orientiert. Das ist ja auch etwas Zirkuläres – das hat Aus-wirkung-en, wenn es so getan wird.

International war ASYS ein wichtiger Akteur als Projektkoordinator bei der Beantragung und Realisierung des EU-Projekt 2011 – 2014 STEP – Systemic social work Throuhgout EuroPe, das Systemische Sozialarbeit europaweit diskutierte und unterschiedliche Konzepte und Zugänge in Theorie & Praxis vorstellte. Mit dabei waren ASYS, FH Campus Wien, Hochschule Merseburg (Deutschland), London Borough of Hackney (Großbritanien), The Robert Gordon University (Schottland), University of Helsinki, Department of Social Sciences (Finnland).

Für ein Gesamtbild von ASYS können Sie weitere Akteure von ASYS befragen, interviewen, mittun oder … machen Sie sich doch Ihr eigenes Bild.

Foto: Klaus Wögerer

ASYS aus der Sicht von Anneli Arnold

Vortrag zum 11,1-jährigen Jubiläum von ASYS im Jahr 2007
Ich begrüße sie im Namen des „Arbeitskreises für Systemische Sozialarbeit, Beratung und Supervision“.

Als ich gebeten wurde hier im Namen des Vereins Sie zu begrüßen dachte ich mir: „Okay ich werde einfach erzählen, was es dort gibt“, aber im Laufe der Beschäftigung mit dem Thema entstanden eher Fragen, die ich hier versuche zu beantworten.

Wozu dieser Verein? Auf welche Fragen gibt es dort Antworten? Was wäre denn, wenn es diesen Verein nicht geben würde? Könnte das, was dort passiert, nicht auch irgendwie anders geschehen? Inwiefern hat der Verein mit unserer Thematik hier zu tun?

Zur ersten Frage. Anfangs gab es schon 1990 den ersten Fortbildungslehrgang für Systemische Sozialarbeit hier in der damaligen Sozialakademie, die Walter Milowiz und ich entwickelten und durchführten. Uns begeisterte der damals relativ neue systemische Zugang zur Welt. Die Nachfrage zu dieser Art des Zugangs zur Sozialarbeit war groß, so dass wir mehrere Fortbildungslehrgänge anbieten und durchführen konnten. Wir haben offenbar die Lehrgangabsolvent*innen mit unserer Begeisterung angesteckt, denn es gab von vielen die Frage „Wo bitte können wir unsere neuen Erkenntnisse und Sichtweisen austauschen und weiterentwickeln?“. Als Lösung zu dieser Fragestellung wurde der Verein 1996 von Walter Milowiz und den Sozialarbeitern Bernhard Lehr und Ursula Mayer gegründet mit dem Ziel, systemisch Interessierte aus der Sozialarbeit und angrenzenden Bereichen die Möglichkeit zum Austausch und zur Weiterentwicklung des systemischen Denkens und professionellen systemischen Handelns anzubieten.

Seither sind schon mehr als 11 Jahre vergangen und es hat sich gezeigt, dass der Verein ein wichtiges Forum für Sozialarbeiter, die interessiert sind systemisch zu arbeiten, für den Austausch ihrer Erfahrungen, geworden ist. Es gab ein auf und ab bei den Aktivitäten. Das Zehn – Jahres – Jubiläum haben wir schon hinter uns. Damals, vor etwas mehr als einem Jahr, entstand die Idee, doch auch mit einer Tagung zu feiern, was natürlich nicht sofort umsetzbar war. Umso mehr freuen wir uns, dass die Idee jetzt in die Tat umgesetzt werden konnte gemeinsam mit der Fachhochschule und der Volkshochschule Ottakring – und mit Unterstützung der EU.

Zurück zu unseren Fragestellungen. Was gibt es denn dort im Verein bzw. auf welche Fragen gibt es dort Antworten? Es gibt Arbeitsgruppen, wo man die Praxis des systemischen Denkens in der Sozialarbeit, Supervision und Beratung reflektieren und überprüfen kann wie z.B. im Intervisionskreis „Kreative Lösungen“.
Der Arbeitskreis „Große Systeme“ befasst sich mit der herausfordenden Thematik der Interaktionen Einzelner versus Institutionen bzw. Gesellschaft. Im „Literaturkreis“ gibt es die Möglichkeit, die neuesten und interessantesten Bücher und Artikel zu besprechen und auf ihre Tauglichkeit für unsere Alltagspraxis zu überprüfen. Es gibt auch einen „Reflecting Jour -Fixe“, eine lösungsorientierte Gesprächsrunde zur Auseinandersetzung mit sozialen Phänomenen, wo auch Experten eingeladen sind.

Nach anfänglichen regen Zulauf flaute das Ganze, was die Teilnehmerzahl betrifft, etwas ab, ist aber in der letzten Zeit wieder zu vermehrter Aktivität erwacht und hat auch zu einem internationalen Austausch geführt. Das heißt, dass es wichtig ist, einen Verein zu haben, von wo aus die Thematik des systemischen sozialarbeiterischen Tuns weitergeführt und erweitert werden kann – auch in Zeiten, wo das Interesse etwas weniger wird. Es kommen doch wieder Zeiten, wo plötzlich Neues entsteht. Ein Verein scheint einiges aushalten zu können, auch wenn die Interessen Einzelner nicht immer gleich bleibend sind.
Ich habe neulich wo gelesen, dass das Leben nichts anderes bedeutet als das Experimentieren mit den gegebenen Möglichkeiten. Das tut auch dieser Verein, denn dort geht es darum, neue Möglichkeiten zu finden und weiterzuentwickeln sowohl auf dem sozialarbeiterischen Feld als auch im Verein. Dadurch kommen wir manchmal auf ganz unmöglich ausschauende Lösungen, die dann doch realisierbar sind. Daher finde ich, dass es durchhaus sehr sinnvoll ist, dass es diesen Verein gibt.
In der letzten Zeit hat sich vieles getan: Es gibt Kontakte nach Deutschland, wo jetzt auch ein Verein für Systemische Sozialarbeit gegründet wurde.

Es gibt ein Projekt, eine EU-Lernpartnerschaft über Grundtvig2 mit der Fachhochschule hier, der VHS Ottakring, der Alfa-Beta-Picadilly-Sprachschule in Bozen und der Evangelischen Fachhochschule Reutlingen-Ludwigsburg in Deutschland. Unser erster Lehrgang für Supervision läuft gerade und ist schon in der Endphase. Die Arbeitschiene Lehrgänge wird in der Zukunft weiterlaufen, in Kooperation mit der Volkshochschule Ottakring.

Um herauszufinden wo, wann und was es gibt, können sie alle Informationen auf der Homepage des Vereins finden, die Walter Milowiz ganz toll gestaltet hat. Auch Austausch von wichtigen Texten oder Buchbesprechungen sind dort zu finden. Aber auch in der Zeitschrift BASYS, die zweimal im Jahr erscheint und auch die Möglichkeit zur Veröffentlichung eigener Texte bietet.

Zurück zu unserer Fragestellung. Wenn es unseren Verein nicht gäbe, gäbe es auch nicht diese Veranstaltung oder die vielen Aktivitäten, die doch die Möglichkeit bieten zur Veränderung von Haltungen und Arbeitsweisen. Es gibt meines Wissens in Österreich momentan keinen anderen Verein, der systemische Sozialarbeit zum Thema hat. Daher ist die Weiterentwicklung sowohl der theoretischen wie praktischen Arbeit auf diesem Gebiet auf unseren Verein konzentriert.

Die Thematik Integration, Rehabilitation und Resozialisierung hat uns in der letzten Zeit stark beschäftigt. Daraus ist die Idee zum Thema dieser Tagung entstanden mit der Hoffnung, dass es hier möglich wird, Neues zu entwickeln, das nachher weitergeführt werden kann. So dass die Ideen wie Bazillen wirken und unsere leider sehr aktuelle Thematik neue Anstöße in der realen Welt, dort wo Sie leben und arbeiten, bekommt.

Die Realisierung der Idee war möglich durch das EU-Projekt in Kooperation mit der Fachhochschule Campus Wien und der Volkshochschule Ottakring, wie sie schon gehört haben. Ein Ziel dieser Tagung könnte es sein, Kontakte zu suchen so dass neue Interaktionsmöglichkeiten entstehen, die bei der Realisierung der Integration wohl am allernötigsten sind. „Gemeinsam sind wir stark“ ist ein schon allzu oft benutzter Satz, trotzdem glaube ich, dass er immer noch gilt.